Allerdings gibt es auch immer noch Dinge, ich zu gut Deutsch richtig verhaue. Brotbacken zum Beispiel. Teigmatschen, kein Problem, das kriege ich hin. Also auf ging es zur Backstätte, bewaffnet mit einem Haufen Trockenhefe, einem riesen Sack Mehl und 2 großen Eimern Pumpenwasser. Die Kinder der Brot-gruppe scharrten bereits unwillig mit den Hufen, als ich endlich mit der Hefe ankam. Na das konnte ja was werden. Als ich mir meine Matschgefährten genauer besah erkannte ich zu allem Unglück die biestrigen Jungs aus der Prügelecke, die mir schon bei den Mahlzeiten immer zu schaffen machen. Und wie sollte es anders sein, haben sie es sich mittendrin anders überlegt und sind auf und davon zum Spielplatz. Ich habe mir erst gar nicht die Blamage gegeben, ihnen hinterher zu laufen und zu schimpfen. Für ihre Ohren klingt es undenkbar komisch, wenn man ein „s“ ausspricht und vor allem bin ich mir auch nie so sicher, ob ich das, was ich sage, wirklich richtig ist. Wahrscheinlich gebe ich die lustigsten Dinge von mir, die hier kein Mensch versteht. Kein Wunder also, dass ich dauernd ausgelacht werde, wenn ich mit dem Subjuntiv daher komme.
Meine Teigmatschgruppe war also um die Hälfte geschrumpft. Aber Glück im Unglück, meine kleine Sympathisantengruppe hatte meinen mentalen Hilferuf, der eigentlich eher an Gott gerichtet war, vernommen und hat kräftig mitgematscht. Im Gegensatz zu mir hatten sie eine klare Vorstellung davon, welche Konsistenz der Teig haben muss. Es gibt die Stufen „klebrig“, „undurchdringbar“, „ölig“, „pappig“ und „gut“. Allerdings konnte ich da bei allem Einfühlungsvermögen keinen Unterschied erkennen und war stets der Meinung nach dem nächsten Mal durchkneten fertig zu sein. Ha, denkste. Danach kam noch eine Ladung Mehl und noch ein Schuss Öl. Und als ich dann wirklich felsenfest davon überzeugt war, diesmal tatsächlich fertig zu sein, haben sie die zweite Flasche Öl aufgemacht.
Trotz der freiwilligen Hilfe, waren wir später als geplant fertig. Und dann kam auch noch mein Ofen-Problem dazu. Was weiß denn ich, wie man einen Holzofen richtig in Gang bringt!! Ich kann mit Umluft, Heißluft, Gas was auch immer backen UND das Ergebnis kann sich sehen lassen. Aber ein Holzofen?? Mir war sofort klar, dass wir uns nicht verstehen würden. Als er dann endlich irgendwann heiß war, ist er auch gleich wieder ausgegangen. Dummer Hund! Wie gesagt, wir stehen auf Kriegsfuß. Es wurde dunkel, es wurde Nacht, es wurde einfach nicht besser. Vor allem als dann auch noch der Strom ausfiel. Nicht, dass ich den zum Backen gebraucht hätte, nein nein. Ich habe ja mit einem Holzofen gebacken. Es wäre nur schön gewesen zu wissen, welche Flecken Erde nicht mit Käfern übersehen waren. Oder wo der Holzstapel anfängt bzw. aufhört. So musste ich jedoch über knackende Chitinpanzer waten und mir immer und immer wieder dieselbe Stelle am Knie anschlagen. Am liebsten hätte ich wie ein kleines Mädchen mit dem Fuß aufgestampft (wenn ich dann nicht auf den Käferkadavern ausgerutscht wäre), dem Ofen einen ordentlichen Tritt versetzt (wenn ich denn im Stockfinsteren getroffen hätte) und wäre ins Bett gegangen. Aber es half alles nichts, und so stand ich schimpfen, kreischend und fluchend bis um 11 Uhr nachts im dunklen Ofenraum.
Trotz meines Scheiterns traut man mir hier immer mehr zu und weiß nicht recht, ob ich das als Belohnung oder Strafe ansehen soll.
Meine neue Aufgabe ist die Suppenkontrolle. Die Kinder essen ihre Suppe nicht (ha, kann ich gut verstehen!) und werden deshalb krank, sagt zumindest die Dona. Ich glaube zwar eher, dass es anders herum ist, aber meiner neuen Ehrenaufgabe muss ich natürlich nachgehen. Ich habe sogar einen festen Sitzplatz bei den Kindern. Und jetzt ratet mal wo, das Schicksal ist mir hold, ich sitze bei den kleinen Biestern, die mich mit dem Teig allein gelassen haben. Oh, ich hatte eine Mordslust, ihnen bergeweise Suppe vor den Latz zu knallen!! Aber ungesehen hatte ich selbst einen Teller vor mir stehen. Toll.-.-Die Ausrede, ich hätte eine Allergie gegen Kuhzunge und Hühnerbeine wäre wahrscheinlich auch hier ziemlich profan gewesen. Also habe ich todesmutig zum Löffel gegriffen. Geh mit gutem Beispiel voran, du kannst jetzt nicht so respektlos sein, Giulia! Auch meine Oma hätte gewollt, dass ich probiere. Einen Löffel voll, so war die Regel zu Hause und daran wollte ich mich auch hier halten. Aus einem wurden mehrere und bis zur Hälfte habe ich mich durchringen können. Nur leider wurde ich für diese Heldentat mit Bauchschmerzen belohnt.
Irgendwie hat uns diese Leidenserfahrung zusammengeschweißt, die Biester und mich. Seitdem sind wir Freunde, und versuchen gemeinsam Argumente zu finden, warum es viel besser wäre, wenn der andere die Kuhzunge isst.
und so hat sich meine kleine Sympathisantengruppe vergrößert. Heute durfte ich sogar beim Liebesbriefschreiben helfen. Über das Schulsystem haben wir ja bereits gesprochen. Aber es hätte mich stark gewundert, wenn „Rambos“ Angebetete nach Erhalt des Wisches nur den leisesten Hauch einer Ahnung von seiner unendlichen Liebe zu ihr gehabt hätte. Ich wusste nämlich nichts mit dem unzusammenhängenden Strichen anzufangen, die mir vor die Nase gehalten wurden. Nach und nach wurde mir dann klar, dass es sich um Buchstaben handeln soll und das diese Buchstaben in ihrer phantasievollen Anordnung auch eine Bedeutung haben sollen. Es hat mich stark an Malen-nach-Zahlen erinnert. Aber mit viel Kreativität habe ich dann „teamo“ erkennen können. Angenommen „Rambos“ Flamme hätte nicht so viel Geduld wie ich, hätte sie es ebenso gut für eine verwitterte Kriegserklärung aus dem 18. Jahrhundert halten können. Oder für den Lageplan irgendwelcher Grabstätten. Um das zu verhindern habe ich den Brief dann in meine Schrift übernommen und ein paar Herzen dazu gemalt. Nur für den Fall der Fälle. Ich bin des Spanischen ja nicht wirklich kundig, aber ich könnte schwören, dass seine Syntax auch für hier Ansässige sehr schwer zu verstehen ist. Obwohl die Sätze sehr einfach gehalten waren. Nachdem mein Werk vollbracht war, hat „Rambo“ dann ein Herz aus dem Zettel gefaltet. Ich war echt baff, das hätte ich ihm gar nicht zugetraut!
Er kann ja Tore schießen, wie ein Weltmeister. Aber was die Feinmotorik anbelangt… diplomatisch ausgedrückt zählt das nicht zu seinen Stärken.
Heute hat er mir dann strahlend die Antwort präsentiert: ja, er wird auch zurückgeliebt. Süß, oder?
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