Eine lange Durststrecke. Für beide Seiten. Bisher habe ich es nicht geschafft, erfolgreich ins Internet zu kommen, aber das zu erklären, würde zu lange dauern. Es ist ziemlich viel passiert, leider eher Unschönes. Aber Gefühlsduseleien sollen hier gar nicht erst einreisen. Ganz kurz nur: In Begona ist es mehr als ein bisschen einsam und wenn ich könnte, würde ich sofort zurück nach Hause. Aber jetzt heisst es Rückrat zeigen und durchhalten. Also kratze ich alles an Sarkasmus zusammen, was mir der liebe Herrgott geschenkt hat und fange an:
Von Santa Cruz aus (eine typische Grossstadt, alle Vorurteile treffen zu) ging es mit Anna und der Flota nach Trinidad. Natürlich in Begleitung einer Schwester. Irgendwann um 5 Uhr morgens wurde ich dann sprichwörtlich ausgesetzt. Mitten im Nirgendwo, mit einem viel zu schweren Rucksack, im Regen. “Willkommen in Begona, Giulia. Das hast du ja super hinbekommen.” Aber bevor der Äger über mich selbst zu gross werden konnte, lugten zwei Jungengesichter hinter dem Busheck hervor, gefolgt von Armen und Beinen, natürlich. Und so bekam ich meine ersten Internatsschüler präsentiert.
Ich bin jetzt seit etwas mehr als 2 Wochen in Begona und naja, fürs Einleben gibt es wohl kein Patentrezept. Ich warte noch.
Das größte Problem hier ist der dumme dumme dumme Dialekt. Ich werde nicht müde, davon zu erzählen un darüber zu schimpfen. Letzteres ist übrigens eine Fähigkeit, die ich in den letzten 2 Wochen zur Genüge trainieren konnte. Mittlerweile würde ich mich als Meisterin der Schimpfwortneologismen bezeichnen, ich glaube wirklich, ich sollte ein Buch schreiben. Dieser Schatz an Ausdrucksmöglichkeiten sollte der Welt nicht vorenthalten werden. Aber wenn man die üblichen Frasen so oft benutzt, dass sie keine Bedeutung mehr haben, muss man eben kreativ werde.
Hier im Norden spricht man nämlich das "s" sehr selten, auf dem Land (da wo ich stecke) gelinde gesagt gar nicht. Ich weiss nicht, ob die Menschen hier einfach zu faul sind oder ihre Zungenmuskulatur schlichtweg nicht dafür geeignet ist. Feststeht, dass ich absolut nichts verstehe. Anfangs konnte ich nicht mal "huweniaenorita" als Buenos Dias, Senorita deuten. Und leider versteht man mich und mein Schulspanischvokabular ebenso wenig. Ganz ehrlich, wozu mache ich mir bitte die Mühe, wenn man diese Wörter hier sowieso nicht kennt??! Mittlerweile verzichte ich darauf, mein Wörterbuch heruaszuholen, ich ernte doch eh nur ein ¿Que? aus grossen dunklen, verständnislos dreinblickenden Augen.
Ich habe hier mein eigenes Zimmer. Es liegt im selben Teil des Wohntracktes, wie die Räume der anderen Anestellten. Auf der anderen Seite befinden sich die 2 Schlafsäale der Kinder und das Zimmer des Padres. Die Schwestern wohnen seperat in einem eigenen Haus.
Am ersten Tag durfte ich ausschlafen, ich war die Nacht ja durchgereist. Hierbei blieb es bei einem erfolglosen Versuch. Fensterscheiben gibt es hier keine, die Hitze macht sie überflüssig. Das hat aber gleichzeitig zur Folge, dass man jedes Wort hört. Ich meine Zimmernachbarn, wenn sie Schooterspiele spielen, des Nachts natürlich, und meine Nachbarn mich, wenn ich am Schimpfen bin.
Aus dem Schlafen wurde also nichts. Deshalb bin ich kurzerhand aufgestanden, um mich umzusehen und das habe ich gefunden:
Keine Kinder. Die waren nämlich in der Schule, die 2 Felder weiter entfernt liegt. Dafür habe ich einen exklusiven Rundgang von Dona Angelica bekommen. Sie hat mir alles gezeigt; die Glocke, die ich schlagen muss, um die Kinder zu holen, dann den Waschraum zum Wäschewaschen und die grosse Küche mit angrenzendem Speisesaal.
Drumherum gibt es nichts. Pampa. Obwohl, nein, so kann man das nicht sagen. Es gibt eine ganze Menge. Grünes Zeug zum Beispiel; in Form von Bäumen, Büschen, Sträuchern und Pflanzen, die ich bisher noch nie gesehen habe. Nicht zu vergessen die Spinnen, Frösche, Käfer und andere tausend Krabbeltiere, allen vorran die Moskitos. Also alleine braucht man sich hier wirklich nicht zu fühlen.
Den Rest des Tages habe ich damit zugebracht, mich an den Gedanken zu gewöhnen, hier mein nächstes Jahr zu verbringen.
Allerdings wurde ich jäh von der Glocke unterbrochen, die mich zum Abendessen rief. Reifeprüfung, jetzt hieß es bestehen oder nicht bestehen, der erste Eindruck zählt. Meine Vorstellung habe ich deshalb ganz kurz gemacht, um mich schnell wieder aus dem Lichtspot aller Aufmerksamkeit zu verkrümeln; erst man abwarten!
Die Kinder haben so weit gut auf mich reagiert, sie kennen es ja nicht anders. Jedes Jahr kommt ein neues Mädchen und geht auch nach einem Jahr wieder.
Ein bunter Haufen Jungen und Mädchen im Alter von 5 bis 15, aufgeweckt und laut, wie Kinder eben sind. Und ich bin mir ganz sicher, dass es nicht nur Engel sind.
Danach bin ich totmüde ins Bett gefallen, das waren genug Eindrücke für den ersten Tag!
-Obwohl, stop, nein. Zuerst habe ich noch mein Zimemr geputzt (es gibt ja keine Fensterscheiben, die den Staub draußen halten könnten), Mücken gejagdt und Frösche auf ihrem Weg aus meinem Zimmer begleitet. Und dann bin ich totmüde ins Bett gefallen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen